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Full text of "La vie saint Franchois nach ms. frcs. 19531 der Nationalbibliothek zu Paris. Erster Teil: Einleitung"

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La Vie Saint 
Franchois 



S/. /X- 



Jlarbarö College librarg 


FROM THE 


DANIEL TREADWELL FUND 

Residuary legaey from Daniel Treadwell, Rutnford 
Professor and Lecturer on the Application 
of Science to the Useful Arts 
1 834-1 845. 



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1 


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Städtisches Gymnasium 

zu Viersen 

mit Ersatzunterrieht für das Grieehisehe in Tertia und Untersekunda. 


*>—**—> v'wJ 'frt 

— S*rx<^vyt • 

La vie saint Franehois 

naeh ms. fres. 19531 der Nationalbibliothek zu Paris. 


Erster Teil: Einleitung. 

Von 

Adolf Schmidt. 


Beilage zum Berieht 

(Nr 29) 

über das Schuljahr 1004/1005. 


1905. Progr. ne. 563. 


Viersen 1905. 

Druck von J. H. Meyer. 


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Einleitung. 1} 

Überblick fiber die Legendendichtung in der altfranzösischen Literatur. 2 ) 

Die Legendendichtung beginnt in der altfranzösischen Literatur sehr früh : das älteste 
grössere Gedicht ist eine Legende. Mit dem 13. Jahrhundert setzt ihre Blütezeit ein, 
die über ein Jahrhundert anhält. Die epißche Form wird, seit 1350 ungefähr, allmählich 
durch die dramatische verdrängt, bis der Geist der Renaissance mit dieser Literatur- 
gattung vollständig aufräumt. 

Das Gebiet der Legendendichtung beschränkt sich hauptsächlich auf England, die 
Normandie und die Picardie. ^ 

Anfangs von mässigem Umfange (600 Verse) schwülen die Legenden gleichzeitig 
mit den Romandichtungen zu gewaltiger Länge ah (12000 Verse). Mit dem Verfall der 
poetischen Bearbeitung fängt die Prosabearbeitung an, schon seit 1230. 

Die Zahl der Heiligen, deren Leben in Versen erzählt wurde, beträgt etwa 
fünfzig. Die Reihe beginnt mit den Aposteln und reicht bis zu zeitgenössischen Heiligen, 
wie Thomas Bekket, Dominicus f 1221, Franziskus + 1226, Elisabeth + 1231. 

Beliebt waren solche Stoffe, in denen das Wunderbare, das Uebernatürliche vor- 
herrschte ; daher die häufige Bearbeitung des Lebens des Hl. Alexius und der Hl. Margarete. 

Zu diesen gehört zwar nicht Franziskus; doch hat auch die Geschichte seines 
Lebens bereits im 13. Jahrhundert zahlreiche Bearbeitungen erfahren. 

Lebensbeschreibungen des Hl. Franziskus. 

Kurze Charakteristik des Heiligen. 3 ) 

40 Jahre nach dem Tode des heüigen Franziskus war die Geschichte seines 
Lebens bereits siebenmal in lateinischer Sprache geschrieben. (Sabatier pg. LI.) 
Um 1229 verfasste Thomas de Celano die erste vita; 1246 wurde in Greccia die vita 
„trium sociorum“ vollendet; um 1246 schrieb Th. de Celano eine zweite vita, 1230 erschien 

1 ) Diese „Einleitung erscheint, durchgeschen und erweitert, gleichzeitig mit dem zweiten Teile 
(Text) als Inaugural-Dissertation an der Universität Münster, etwa Mai 1905. 

2 ) cf. Groebers Grundriss der roman. Philologie, Hand II, unter „Legende“ (Register). 

Petit de Juleville: Histoire de la langue et de la littörature fran^aises, Band I. 

3 ) cf. Sabatier: Vie de st. Francois d’Assise, Paris, 1894. Gaspary, Geschichte der itaiien. 
Litteratur. Band I. 


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eine Lebensbeschreibung des Heiligen in Hexametern. Verloren sind die vitae von 
Johannes de Ceperano und von Frater Julianus (um 1230). 1263 vollendete Bona Ventura 
seine Lebensgescliichte des Heiligen. 

Im 13. Jahrhundert erschienen auch schon mehrere französische Ver- 
sifikationen der 1. und 2. vita des Thomas de Celano, (cf. Groebers Gr. pg. 648.) 
Von diesen sind mir bekannt die Nr. 19 531, 2093, 2094, 13 505 der Nationalbibliothek 
in Paris. Die drei ersten zählen etwa 5000, die letzte ungefähr 9000 Achtsilbler, 
Nr. 2093 ist eine Abschrift von 19 531. 19 531 ist jedenfalls die älteste Bearbeitung von 
den dreien. 

Daneben sind noch zahlreiche französische Lebensbeschreibungen in Prosa aus 
dem 13. Jahrhundert erhalten. 

In Italien hat Dante in seiner Divina Comedia dem Heiligen ein Denkmal gesetzt. 

Diese zahlreichen Biographien aus dem 13. Jahrhundert bezeugen uns, dass man 
schon damals in Franziskus eine bedeutende Persönlichkeit erkannt hatte. Schon zu 
seinen Lebenszeiten genoss der Heilige eine Verehrung, als ob er bereits eine Reliquie 
wäre (Sabatier). Und diese Verehrung war nur die Erwiderung der innigen Liebe, mit 
der Franziskus die ganze Natur umfasste. Die Liebe war die einzige Waffe, mit der er 
die Welt zu erobern gedachte, als er den Orden stiftete; diese Liebe zeigt sich auch in 
seiner Dichtung, dem berühmten Sonnengesang. 

„Des Franziskus Ascetik, sagt Gaspary I, 142, ist nicht jene finstere Abwendung 
von allem Schönen der Welt; er sieht in der Natur nicht das Böse, sondern das herr- 
liche Werk Gottes, und er preisst sie als solches und liebt sie mit kindlicher Innigkeit. 
In seiner Einfalt und Demut fühlte sich der Heilige eng verbunden mit allen Kreaturen^ 
selbst mit unbelebten Gegenständen, und nannte sie alle seine Brüder und Schwestern, 
weil sie wie der Mensch von Gott geschaffen worden. Er redete zu ihnen, wie zu ver- 
nünftigen Wesen, und ermahnte sie zu Liebe und Dankbarkeit gegen den, welcher sie so 
schön und nützlich gemacht hatte.“ . . . „Der Sonnengesang ist ein Lob Gottes unter 
Anpreisung seiner Werke, und, wie es vom Heiligen zu geschehen pflegte, wird hier die 
Sonne Bruder genannt, Bruder der Wind, Schwester das Wasser und die Erde, Schwester 
sogar der leibliche Tod. . Serafico in ardore, nennt Dante den Dichter Franziskus. 
Petit de Juleville sagt von ihm, qu’il £tait le seul poöte qui eüt le sentiment lyrique 
au XIIIü^ si&cle. 

Gerade in unserer Zeit hat man sich wieder viel mit der Person dieses Heiligen 
beschäftigt. Ich nenne nur die Werke von Sabatier, Bournet, de Cherance, le Monnier 
und Daurignac. 

Manuscrit fran^ais 19531. 

Ms. Fr. 19 531 enthält auf 172 Pergamentblättern, die im 13. Jahrhundert be- 
schrieben worden sind, folgende Lebensbeschreibungen und Gedichte : 

Folio 2: La vie S. Patrice: En cel tous que sains Patrices li grans preechoit en 

Irland e je Tenseveli de mes deus mains. 


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Folio 16: D’Antechris: Vous deves savoir premierement de ceus qui vaudront 

faire penitance, qui seront deceu par Antechrist. 

Folio 22: Li romans S. Dominike: 

Li clerc truevent en rEscriture 
Ki enseigna toute droiture .... 

Illuec aurons parfaite vie. 

Amen, amen chascuns en die. 

Folio 67: La vie Saint Franchois: 

Amors si est pons et passages 
De paradis, u chacuns sage» .... 

Et li saint k’avoec lui sojornent, 

Ke ces tenebres nos ajornent. 

Folio 111: La vie de sainte Ysabel par Robert de Cambligneul: 

Hom qui semblance en forme a 
De Dieu, qui tout le mont forma .... 

Que Diex eskience d'estre en duel 
Frere Robert de Camblinuel. 

Folio 133: De Saraphin: 

Jhesucris dous amis, cum Tarne aura bon tans, 

Ki vivera en toi, ki es vie as vivans . . . 

Folio 143: Vers sur Tamour de Dieu et de la Vierge: 

Ki avoit mis son euer en desiriers lassus 
II priseroit petit quamqu'il aroit ca jus .... 

Folio 148: De sainte Marthe: Aprie chou ke nostre sires fu rescuscites de mort a vie 
. . . . et les goies parmenables la vos doinst et otroit parvenir noste sires. 
Folio 158: Helinand, vers de la mort: Mort qui m’as mis muer en mue .... 

Folio 163: De saint Augustin: Quant b. A. estoit de Taage de XX dusques 

adont que eie soit repuse en Tensconsement de ton viaire. Amen. 

Folio 169: De la Magdelaine: Quant li disciple Jhesucrist erent receu li saint Esprit 
.... que li arbre enclinerent le cors. 

Folio ltfj in etwas späterer Schrift, steht: 

Pitet de Lombart, 

Labour de Picart, 

Humilite de Normant, 

Pacienche d’Alemant, 

Larghece de Franchois, 

Loiaute d’Enghelois, 

Devocion de Burghi[o]n, 

Setisfe] de Bierton, 

Ches wit cos68 ne valent un bouthon. 


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- 5 — 

Manuscrrt 19^31, fol. 67—110. 

In der Einleitang sagt der Verfasser, dass der gute Papst Gregor Thomas de 
'Celano veranlasst^, die Geschichte des Hl. Franziskus zu schreiben. Dieses Werk will 
4r übersetzen. Im Anschluss an Thomas, teilt er es in drei Teile: 

Erster Teil, Vers 1 — 3180: Leben und Wunder des Heiligen bis zu seinem vor- 
letzten Lebensjahre; 

zweiter Teil, Vers 3181—3985: Die beiden letzten Lebensjahre und der Tod des 
Hl. Franziskus ; 

dritter Teil, Vers 3886 — 4763 (Schluss): Heiligsprechung, Wunder nach dem Tode. 

Franziskus wird geboren zu Assisi, im Tale von Spoleto. Sein Vater ist Kauf- 
mann. Dieser vernachlässigt die Erziehung seines Sohnes, und so führt Franziskus ein 
zügelloses, verschwenderisches Leben, bis er in eine Krankheit verfällt. Er gelobt der 
Jungfrau Maria, sich zu bessern, falls er wieder gesund würde. Als er nun genesen, 
fühlt er sich von allem, was ihm früher Freude gemacht hatte, abgestossen. In dieser 
Stimmung entschliesst er sich, nach Apulien zu gehen, um dort Kriegsdienste zu tun. 
Da hat er in einer Nacht einen Traum : er sieht das Haus seines Vaters voll von Waffen, 
und eine Stimme ruft ihm zu : „Franziskus, das sind die Waffen für Deine Ritter, Du aber 
rüste Dich zuerst damit !“ Franziskus hält dies für eine Aufforderung, nach Apulien zu 
gehen. Doch er erinnert sich seines Versprechens und fühlt sich mächtig angetrieben, 
es zu erfüllen und Gott allein zu dienen. (1 — 288). 

So geht er denn zu einem Freunde und erzählt ihm, er habe einen Schatz ge- 
funden. Sie machen sich auf den Weg, um ihn zu heben, und kommen an eine Höhle. 
Franziskus geht hinein, wie sein Freund meint, um den Schatz zu holen ; er .aber betet 
in der Höhle, Gott möge ihm offenbaren, was er tun soll. Die Freunde kehren dann 
nach Assisi zurück. Unterwegs begegnen ihnen Leute, die Franziskus spottend fragen, 
ob er nicht nach Apulien gehen wolle. Franziskus aber erwidert ihnen, er habe einen 
bessern Entschluss gefasst. Die Leute meinen, er wolle damit sagen, er habe vor zu 
heiraten . (289—374). 

Franziskus bleibt nicht länger mehr in Assisi. Er nimmt sich Waren und ein 
Pferd und reitet zum Jahresfeste nach Fuligno. Hier verkauft er, was er mitgebracht 
hat, auch sein Pferd. Mit dem Erlös kehrt er nach St. Damian zurück in der Absicht, 
das Geld für die Ausbesserang der Kirche zu verwenden. Doch der Pfarrer, der früher 
Franziskus schon kannte, trägt Bedenken, das Geld aus seiner Hand anzunehmen; in- 
dessen gestattet er ihm, bei ihm zu bleiben. Franziskus aber wirft das Geld in ein Loch 
in der Mauer. (375—464). 

Zu Hause aber sind die Eltern beunruhigt über den Verbleib des Sohnes, und 
als der Vater dessen Aufenthalt erfahren, eilt er herbei, ihn nach Hause zu bringen. 
Doch Franziskus verbirgt sich aus Angst vor seinem Vater in einer Höhle. Hier lebt 
er einen ganzen Monat; endlich fasst er Mut und kehrt bleich und elend nach Assisi 
zurück. Die Kinder verspotten ihn, die Leute halten ihn für irrsinnig; sein Vater aber 


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sperrt ihn zu Hause ein. Als er jedoch bald darauf für einige Zeit in geschäftlichen 
Angelegenheiten die Stadt verlassen muss, lässt die Mutter ihren Sohn frei. Franziskus 
kehrt wieder in seine Höhle zurück. (465 — 575). 

Als aber der Vater wieder zu Hause eintrifft und sieht, was geschehen, eilt er 
zornig zur Höhle. Mutig aber tritt Franziskus ihm jetzt entgegen, und als sein Vater 
das Pferd und die Ware zurückfordert, holt er ihm das Geld, das noch in der Mauer 
liegt. Er weigert sich aber, mit nach Assisi zurückzukehren. Deshalb soll er mit zum 
Bischof gehen, damit er dort auf sein Erbe verzichte. Vor dem Bischöfe aber legt 
Franziskus alle seine Kleider ab, damit sein Vater nichts mehr von ihm verlangen 
könne. (576 — 653). 

Traurig kehrt dieser nach Assisi zurück. Franziskus aber macht sich auf den 
Weg bei grosser Kälte und in schlechter Kleidung. Während er frohgemut singend 
durch einen Wald schreitet, wird er plötzlich von Räubern überfallen, die ihn in einen mit 
Schnee gefüllten Graben werfen. Er aber rafft sich wieder auf, zieht singend weiter und 
kommt zu einem Kloster. Hier tut er Dienste in der Küche. Da er aber von dem 
Koche schlecht behandelt wird, bleibt er nicht lange dort. Er begibt sich zu einem 
Freunde, um von diesem Kleider zu bekommen. (653 — 731). 

Allmählich hat sich im Lande der Ruf von seinem frommen Leben verbreitet; 
das Volk verehrt ihn fast wie einen Heiligen. Der Abt des Klosters, in dem Franziskus 
so schlecht, behandelt wurde, hört, wer der unbekannte Bettler war; er eilt ihm nach 
und bittet ihn um Verzeihung. 

Franziskus weilt dann längere Zeit unter den Aussätzigen. Früher hat er immer 
Ekel vor diesen Kranken empfunden; jetzt pflegt er sie mit um so grösserer Liebe. 
Auch gegen die Armen ist er immer hilfsbereit. 

Jetzt unternimmt Franziskus auch die Ausbesserung der Kirche in St. Damian. 
Hier gründet er den Orden der „povres dames“ (Clarissinnen), dessen erstes Mitglied die 
Hl. Clara war. (732—862). 

Im dritten Sommer nach seiner Bekehrung kommt er nach Sta. Maria Portiuncula ; 
auch diese Kirche restauriert er. Eines Morgens hört er in der Messe das Evangelium 
von der Aussendung der Jünger Jesu. Er entschliesst sich, mit wenigem ausgerüstet in 
die Welt zu ziehen und Frieden und Busse zu verkünden. Er begibt sich sogleich nach 
Assisi, und seine Predigten sind so erfolgreich, dass sich mehrere (frere menu, raeneur) 
ihm anschliessen. Gott hat ihm die Gabe verliehen, die Zukunft zu erkennen, und Fran- 
ziskus weissagt seinen Brüdern, dass aus allen Völkern dem Orden Mitglieder Zuströmen 
würden. (873 — 1033). 

Die Brüder ziehen zu zweien durch das Land und predigen. Auf den Wunsch 
des Hl. Franziskus fügt Gott es, dass sie alle in einer Stadt Zusammentreffen. Vier 
andere schliessen sich an, und so schreibt Franziskus eine Ordensregel. Alle machen sich 
dann auf den Weg nach Rom, um vom Papste Bestätigung ihrer Regel zu erlangen. 
Die Bischöfe Guido von Assisi und Johannes von Sankt Paul fordern ihre Angelegenheit^ 
und als der Papst ihrem Wunsche nachgekommen ist, kehren die Brüder froh zurück- 


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Unterwegs hat Franziskus einen Traum : er sieht einen grossen Baum sich vor ihm neigen. 
Dieser Baum ist der Papst, der ihm seine Regel bestätigt. (1034 — 1283). Als sie dann 
weiter ziehen, kommen sie im Tale von Spoleto in eine öde Gegend, wo sie Mangel leiden. 
Aber ein Unbekannter bringt ihnen Brot und verschwindet dann. Sie nehmen ihren 
Aufenthalt zunächst in der Nähe von Cortona, dann in Rivotorio in einer armseligen 
Hütte. In dieser Zeit kommt gerade Kaiser Otto auf dem Wege nach Rom zur Krönung 
durch den Ort; ein Mönch weissagt ihm kurze Dauer seiner Herrlichkeit. Von Rivotorto 
werden die Mitglieder des Ordens gezwungen, weiter zu ziehen, als ein Bauer mit einem 
Esel bei ihnen wohnen will, und sie kommen nach Portiunkula. Hier haben sie in der 
Nacht die Erscheinung eines feurigen Wagens. (1284 — 1597). Die grosse Zahl der Mit- 
glieder veranlasst Franziskus, einen Verwalter des Ordens einzusetzen (Johannes aus 
Florenz). Als dieser einst ein Ordenskapitel abhält, sieht ein Bruder während der Predigt 
in einer Vision den Hl. Franziskus, wie er alle Anwesende segnet. Auch sind die Brüder 
überzeugt, dass Franziskus ihre Gedanken kennt, und dies erfüllt sie mit der grössten 
Ehrfurcht vor ihm. (1598 — 1715). Um diese Zeit wird Franziskus krank infolge seiner 
strengen Lebensweise. Er lässt sich bereden, etwas Fleisch zu essen. Als er jedoch 
wieder gesund geworden, befiehlt er einem Bruder, ihn zur Busse an einem Strick durch 
die Strassen von Assisi zu führen. So weit geht Franziskus in seiner Strenge gegen sich 
selbst, dass er sogar lieber hat, dass andere ihn beschimpfen, als dass sie ihn ehren. 
(1716-1875). 

Im sechsten Sommer naeh seiner Bekehrung schifft Franziskus sich ein nach 
Syrien, um die Heiden zu bekehren. Aber das Schiff wird vom Sturm an die Küste von 
Dalmatien verschlagen. Bei nächster Gelegenheit kehrt Franziskus wieder nach Ancona 
zurück. Da die Ueberfahrt durch widrige Winde sehr verlangsamt wird, gehen die 
Lebensmittel aus. Aber Franziskus hilft mit dem Wenigen, das er mitgenommen, 
allen bis zur Landung in Italien aus (1806 — 1951). 

So ist dieser Versuch vereitelt. Aber der Wunsch, Märtyrer zu werden, lässt 
Franziskus keine Ruhe. Er begibt sich nach Marokko (?), von dort nach Spanien, 
wird aber hier krank und kehrt wieder um. Nachdem er eine Zeit lang in seiner Heimat 
gepredigt hat, gelingt es ihm nunmehr, nach Syrien zu kommen. Hier wird er von den 
Heiden verspottet, der Sultan aber wird auf ihn aufmerksam und ehrt ihn sehr. So 
bleibt ihm auch hier nichts übrig, als wieder zurückzufahren (1952 — 2096). 

In seiner Heimat tut Franziskus viele Wunder. Er predigt den Vögeln, und sie 
gehorchen seinen Worten ; er gebietet den Schwalben Ruhe, die ihn während einer Predigt 
stören, und sie folgen ihm. Auch heilt er viele Kranke. Als er einst selbst erkrankt 
ist, verwandelt er Wasser in Wein und erlangt so wieder die Gesundheit Es erfüllt 
ihn mit grossem Schmerze, wenn er ein Tier leiden sieht. Er lässt das Wild wieder frei, 
'das die Mönche gefangen, nimmt das Lamm an sich, das von den andern gestossen 
wird, und kauft die Schafe, die geschlachtet werden sollen (2097 — 2660). 

Im dritten Jahre vor seinem Tode feiert Franziskus die Geburt des Erlösers in 


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der Kirche zu Greccia, indem er alles so darstellen lässt, wie es in der ersten Weih- 
nacht in Betlehem war. Viele Wunder geschehen an diesem Tage. Später baut man an 
dieser Stelle eine Kirche zu Ehren des Hl. Franziskus (2661 — 3184). 

Im achtzehnten Jahre des Ordens zieht Franziskus sich mit wenigen Gefährten 
von der Welt zurück, um ein beschauliches Leben zu führen. Er bittet Gott um ein 
Zeichen, was er noch mehr tun könne zu seinem Heile. Dreimal schlägt er im Mess- 
buche die Stelle vom Leiden Christi auf und er schliesst daraus, dass er noch viel zu 
leiden haben wird. Und in der Tat, Christus erscheint ihm in der Gestalt eines Cherubim 
und prägt ihm seine eigenen Wundmale ein. Franziskus hat davon viele körperliche 
Schmerzen. Vor seinen Brüdern sucht er die Wunden zu verbergen (3185 — 3481). 

Um diese Zeit wird Franziskus krank. Ein Augenübel kommt hinzu. Zu seiner 
Heilung geht Franziskus nach Rieti und nach Siena, wo er bis zum siebenten Monate 
vor seinem Tode bleibt. Als er sein Ende nahe füllt, lässt er sich nach Assisi, dann 
nach Portiunkula bringen (3482 — 3614). 

Schon in Fuligno war ihm durch eine Erscheinung die Zeit seines Todes 
vorausgesagt worden ; diese Zeit ist jetzt gekommen. So lässt denn Franziskus die 
Brüder sich um ihn versammeln, einen Psalm singen, das Evangelium vorlesen, wie 
Christus von der Welt zum Vater geht — und in der Gestalt eines Sternes steigt seine 
Seele zum Himmel empor. Es war am 4. Oktober 1226, an einem Sonntage. Ganz 
Assisi strömt herbei, um den geliebten Toten zn sehen. Der Leichnam wird nach 
St. Damian getragen und hier in der Klosterkirche begraben (3615 — 3890). 

Der dritte Teil berichtet zunächst von der Heiligsprechung durch Papst Gregor IX., 
dann werden über dreissig Wunder erzählt, die durch den Heiligen nach seinem Tode 
vollbracht wurden. 

Zum Schluss findet sich eine Betrachtung über das Eingangsthema und ein Gebet 
an den Hl. Franziskus (3891 — Schluss). 

Vergleich der Übersetzung mit der Quelle. 

Als poetische Bearbeitung eines in anderer Sprache abgefassten Textes kann vor- 
liegende Übersetzung keinen Anspruch auf historischen Wert machen. Dies um so 
weniger, als der Dichter sein Vorbild bedeutend gekürzt, andrerseits wieder lange, selb- 
ständige Betrachtungen eingeflochten hat. An mehreren Stellen ist die Übersetzung derart 
flüchtig, dass sie den lateinischen Text gar nicht richtig wiedergibt. 

Vers 1038 sagt der Dichter in Übereinstimmung mit Thomas de Celano cap. 29 
ad octonnarium numerum processerunt : or furent uit. Nach Thomas aber tritt cap. 24 als vierter 
Ägidius, dann uno alio interposito als sechster Philippus ; in der Übersetzung ist nun 
dieses fünfte Mitglied vollständig übergangen worden, so dass es also Vers 1038 eigent- 
lich nur sieben sind. 

Auf Flüchtigkeit wird auch wohl die falsche Übersetzung in Vers 1975 — 1976 
zurückzuführen sein: Vint a Maroch, la s'abandone de TEvangille preechier. Bei Thomas 


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heisst es cap. 56 richtig, dass Franziskus gar nicht bis Marocco gekommen ist: Post 

non multum enim temporis versus Marrochium iter arripuit, ut . . . praedicaret. Sed 

bonus Deus, cum iam ivisset usque in Hispaniam, in faciem restitit, ut ne ultra procederet, * 
aegritudine intenta eum a coepto itinere revocavit. 

Vers 2269 ist lacu Rcatino übersetzt mit lai de Reatine statt de Riete. 

Die eingelegten Betrachtungen sind zum grössten Teil selbständig. Sie enthalten 
meist eine Aufforderung zum frommen Leben oder ein Lob des Hl. Franziskus ; die Form 
ist zuweilen ziemlich gewandt. 

Wesentlich grösser wird die Abweichung vom lateinischen Text durch die 

Kürzungen, die der Dichter vorgenommen hat. So übergeht er die Renovierung von 

St. Peter in cap. 24; erwähnt den Namen des Papstes nicht, der cap. 32 den Orden 
bestätigt; übergeht eine Episode cap. 46, die einen Ordensbruder betrifft, und cap. 68 
die Heilung eines Mönches ; übergangen werden ferner der zweite Aufenthalt in Rom 
cap. 73, der Aufenthalt in Rieti, der freundliche Empfang durch Hugo, den Bischof von 
Ostia cap. 99 — 101, die Pflege des erkrankten Franziskus durch vier Brüder cap. 102, 
die hilfreiche Rolle des Bruders Elias während der Krankheit und der Aufenthalt in 
Cella cap. 105, eine Episode, die einen Mönch betrifft cap. 107, die Ankunft des Königs 
von Frankreich am Grabe des Heiligen cap. 120, die Flucht des Papstes aus Rom cap. 
122. Ausserdem sind sieben Wunder nicht erwähnt: aus cap. 134, 136, 141, 142. 

Ein Blick auf diese Kürzungen zeigt uns, dass der Verfasser die Personen, die 
neben dem Heiligen auftreten, in den Hintergrund gerückt und ausserdem einzelne Er- 
eignisse, die ohne Bedeutung für die Charakterisierung seines Helden waren, über- 
gangen hat. 

Der Zweck des Dichters war also nicht, durch engen Anschluss an Thomas de 
Celano eine vollständige Darstellung der Tatsachen zu geben, sondern er wollte in episo- 
discher Form den Mönchen ein Lebensbild des Ordensstifters zeichnen, das sie erbauen 
und zur Nachahmung antreiben sollte. 

Verfasser und Zeit der Entstehung. 

Dass der Verfasser Franziskaner war, unterliegt von vornherein keinem Zweifel. 

Er spricht vom Hl. Franziskus als no bon frere, no premier pere. Seinen Namen gibt 
er nirgends an. 

Zur Bestimmung der Zeit der Abfassung dieser Übersetzung haben wir folgende 
Daten: Thomas de Celano schrieb sein erstes Leben des Hl. Franziskus vor 1230, d. h. 
vor der Translation. Um 1247 verfasste er eine zweite vita, die die Translation berichtet. 

Da nun die altfranzösische Bearbeitung von der Translation nichts sagt, fällt die Über- 
setzung zwischen 1230 und 1247. Dass sie nach 1247 entstanden ist, ist wohl dadurch 
ausgeschlossen, dass andere altfranzösische Übersetzungen des Thomas de Celano, die die 
Translation bringen, vorliegende Übersetzung zu Rate gezogen haben, z. B. Bibi. Nat. 
ms. fr<j8. 2094. 


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Mit diesem Ergebnis stimmt auch überein, was der Verfasser Vers 3746 sagt: 
ein Franziskaner, der Augenzeuge der Translation war, lebte noch zur Zeit der Abfassung 
dieses Werkes. 

Zum Vergleiche mit ms. 19531, Vers 4561 — 4622 mögen hier ms. 13505 
f o 1 i o 58 und m s. 2094 f o 1 i o 46 d, 47 a, b, c folgen. 


ms. 13505, fol. 58: 


Un miracle estraunge e bei 
Avynt de un iuvencel 
En une vile, ceo ay apris, 

Ke est nume Castrum Plebis. 

Ne ay pas aprys, sy autrement 
Seyt apele entre la gent; 

Le nun troeve issy ester, 

Ne my8 eure de translater. 

Ceo iuvencel esteyt mendyf, 

Surd et raut et mut chytif, 

Pus sa neyssaunce esteyt surdet 
E ne put parier, cum ly muet. 

Sa launge fu sovent cerche 
E sembla cument este trenche. 

Un bon humme, Mark out a nun, 
Pur Famur deu par cöpassyun 
En sun houstel le receut 
Le cheytyf liete il ot estut. 

Ün seyr avint ke au soper 


Le seyngnur dist ke le vist ester: 
»Ceo myracle tendrey graunt; 

Sy seynt Fraunceys a ly feyst taunt 
Ke sa parole vousist rendre 
E oye, ke nus pust entendre. 

Joe vou, ce dist, si il fest taunt, 

Ses estovers a sun vyvaunt 
Pur le amor le seynt le troverey, 

E ly promet e bone fey.« 

Merveyle avint, la launge crust, 

Au vallet la vil estut 
E parla en haut sudeynement 
Mut ben et attendablement 
Et rendy graces saunz respyt. 
»Gloyre a deu seyt, ceo dist, 

Et aussy seyt a seyn Fraunceys. 

E reconeust et dyst ke kurteys 
Parole me ad done et oye, 

Beneyt seyt sa curteysye.« 


Ms. 2094, fol. 46 d etc. 


Ou chastiau Pleb ot un anfant 
Muaut, sourt, povre, median t. 
Oi'r ne parlar ne pooit. 

La langue si petite avoit, 

Qui sambloit qu’ele fust copee, 
Plusor Tavoient regardee. 

Il vint un ior en la meson 
A un prodome, Marc ot non. 
L’ostel por deu li requeroit 
Per signe, si com il pooit. 

Son chief contraval enclinoit 
Desus sa main et espooil. 


Li hons sot bien qu’il desirra, 
Mout volentiers le herberga. 

Par signe, quant Ten li mostroit, 
Fesoit ce qu’an li conmandoit. 
Mout debonairemaut servi, 

Que tuit orent pitie de li. 

Li prodons une nuit soupoit, 

Li vales devant lui estoit, 

Et le regarda et puis dit 
A sa ferne, qui lez se sit: 

))A mout grant miracle tenroie 
Et gloriex, se ie veoie, 


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11 


Se sains Francois tant nos feit 
Qae cestui parlat et oit. 

Se il ce fet, a deu premet 
Que por soe amor ce vallet 
Tenrai mout chier et amerai 
Et son estevor troverai 
Assez touz les iorz de sa vie, 

S’il li rent parole et oie « 

Sitot com il avoit ce dit, 

Li vallez dit: »Sainz Francois vit« 
Et conmanca a regarder 
Et dit: *>Je voi ci sus ester 
Saint Francois qui ci est venuz 
Et en cest ostel descenduz; 

J1 vint por moi fere parier. 

Ha dex! cui porrai ie conter 
A la gent et que lor dirai, 

Quar onques mais mot ne parlai.« 
Et quant li prodons Tentendi, 

A grant mervoille s’eioi 
Et dit: »Dame deu loerez, 

Por vo8 plusor seront sauvez«. 
Quant ot ce dit, si se leva 
De sa table, si apela 
Ses voisins et conta, comant 


L’enfes parla premiereinant, 

Qui onques mais parle n’ avoit, 
(Et touz li pais le savoit) 

Ne n* avoit onques 01 gote. 

Li prodons et Y autre gent tote 
Qui ileuques ert acorue, 

Que tote plaine estoit la rue, 
Que le vallet bien connoissoient, 
A Dame deu graces rendoient 
Et a samt Francois ausimant. 

La langue li crut arrament, 

Si qu'ele fu granz a mesure. 
L’anfes parla si a droiture 
Et les moz trestoz si formoit 
Plenieremant, com eil qui oit 
Parle touz les iorz de sa vie, 

Et si ot si clere Toie 
Que nul home poor avoit. 

Grant ioie fesoient por vor 
Tote la gent de la contree, 

Et fu partout la renomee 
De ceste novale saue 
Et par le pais espandue. 
Chascuns qui Toi’, en loa 
Nostre seignor et marcia. 


Die Sprache. 

Schon einzelne Übersetzungsfehler haben uns bewiesen, dass der Dichter ziemlich 
flüchtig gearbeitet hat. Da nun auch die Metrik diesen Beweis noch einmal liefert, so 
wird eine Untersuchung über die Sprache des Dichters infolge dieser Sorglosigkeit sehr 
erschwert, weil manchmal nicht zu entscheiden ist, ob ein Verstoss gegen die Flexion 
oder gegen den Reim vorliegt. 

Über dreissig Verse sind zu kurz oder zu lang ; allerdings kann man bei manchen 
ja Verderbtheit annehmen. (So 761, 819, 837, 959, 980, 1278, 1430, 1514, 1741 etc.) 
Dieselben Diphtonge sind bald zweisilbig, bald einsilbig: 


Wir haben einsilbigen Diphthong in 

zweisilben in 

der Endung ion 842, 1616 

841, 1026, 1065 etc. 

nient 523, 1860, 4127 etc. 

4350 etc. 

viande 1305 

1463, 1466, 1774 

Portiuncle 1518, 1521 etc. 

1987, 3586 

suire 1721 

2687, 2957 

esperituel 3336 

1059, 1387 etc. 

Jehans 2986 

1607 


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12 


(Ueber den Ausfall des e vor betontem Vokal siehe A, 1.) Bauduin 1505 ist zweisilbig, 
richtig dreisilbig. 

Die Sprache des Dichters ergibt sich aus einer Untersuchung der Silben- 
zählung und der Reime : 

A. Silbenzählung : 

1. Inlautendes e vor Vokal ist nicht selten schon unterdrückt : leu 895 (Schreibung !), 
pecheur 980, 1402 (oder Hiatus ?), rechut 1037, recbus : dechus 1748, sainte 
2476, 3140, 3781, abeie 2824, eslechie 2790, jongleur 3234, mute 3930, apercut 
3431, jut 4139, ves 1840. Dies findet sich auch in andern Denkmälern dieser 
Zeit; cf. z. B. Zeitschr. f. r. Phil. XI, 351. 

2. 1. pers. plur. auf — mes: avomes 28, disomes (: homes) 2377, soiemes 1373 
(alomes: demandomes 678); 

3. einsilbiges — iens als Endung des imperf., cond., coni. : puissiens 270, pensiens, 
2935, deveriens 2940, 3142, aviens 3181; 

4. einsilbiges — ie im Imperfekt: devies 356; 

5. verlängertes Puturum: meteroit 19, averes 1244, 2397, 2874, 3612, 4678, 4712, 
deveroit 2580, prenderoie 1361 ; 

6. der weibliche Artikel li (= la nom. sing.): vor Vokal 1493, 1571, 2310, vor 
Konsonanten 19 mal. 

7. das pron. poss. no, vo : 294, 684, 1014, 1027, 1213 etc. Ausnahme 7 mal: 
1196, 1197, 1249 etc. und immer nostre Sire, Signor, Dame: 321, 504, 668, 
671, 868 etc. Dagegen findet sich nur mon, son, nicht men, sen. 

B. Reim: 

8 . an : en, 

tans : repentans 147, 976; 

„ : ans 2968, 2974, 3616, 3651; 

9. ts: s, fors hinaus: cors Körper 327, 1493, 3856, 

gens Völker: sens Richtung 1042, 1178, 2600, 
dedens: sens 1363, 

sains heilig: inains Hände 2517, 2919, 3105, 3461, 
sains heilig: fains Heu 3006, 
sains heilig: sains gesund 4271, 4383, 4483, 4441, 
contrais verstümmelt: trais du ziehst 4158 etc.: 

10. sts » s: 

Cris « Christus 3728, 3901. Ebenso cis 778 und so immer (das aber aus ecce 
isti + s und auch aus ecce illi + s entstanden sein kann) ; 

11. Gleichstellung im Reime von ils, ius und eis, eus: 

(cf. Tobler: Vrai aniel XXVI): perix: guix 2764, fils: lius 3705, vils: euls 
1494, periex: diex 1946, periels: iels 3194, priels: iels 3510, fils: iex 3064, 
(ententiu: Dieu 2159); 

12. mi (= me) 2572, das aber nicht blos im pic. vorkommt; 

13. für die Aussprache des c kommen in Betracht: bleche: peche 380, richece: 


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13 


preeche 2079, place: sache 3878, die beiden Zwitterreime: semblance: blance 
3631, Service: riche 4681 (cf. dazu Z. f. r. Philol. XXII. 60. 4.), ferner Reime 
wie sace: sage etc., die auch wohl die Aussprache des c als tsch sichern 
siehe unter Metrik. 

14. durch den Reim gesichert ist die Endung — irent in der 3. pers. plur. perf., 
während der Schreiber fast immer — isent schreibt: fisent: rendirent 4093, 
virent 3853, firent im Reime 2453, 3880, 4127, 4633; 

15. iu : ui, liu « locum: lui 998, 2099, 3927, 

„ „ : celui 3456, 

„ „ : nului 1074, 

cf. Alttrz. Bibi. III., pg. X. 

16. part[i]am » parce 2590, 3202. 

Hieraus ergibt sich wohl, dass der Dichter Pikarde war. 

Die Sprache des Schreibers: 

a. Für die Sprache des Schreibers ergibt sich aus den c-Lauten nichts, da hier 
die grösste Schwankung herrscht; aber c in den Endungen ice, uce, oce, ace 
wird immer s: brebis 2780, crois 1640, vois 1836, pais 1955 etc.; 

b. Isoliertes t ist oft erhalten: laissiet 60, pitiet 3876, recut 1037, mut 1854, 
vendut 2879, veut 2479, apercut 3431, mute 3930, jut 4139; 

c. ts » immer s:ains 12, poes 35, oies 42 etc. Es findet keinz im ganzen Werk, 

d. für — ldr — findet sich stets — lr — : valroit 486, vauront 3670 etc ; 
— ndr — » — nr — : tenre 870 etc., tinrent, vinrent etc. ; — mbl. — findet 
sich neben — ml — ; — nl — nur in sanle 1115, sonst — mbl — ; 

e. Umstellung des r in: burnetes 223, confremer 801, 1108, 1109 etc.; r ist aus- 
gefallen in mousterai 53, Bernas 933, herbegast 2419 ; r versetzt in querra, 
4041, liverroi 4570, overroit 4717, 4718, kerrons 3963; 

f. Vereinfachung von Doppelkonsonanz ist häufig: poroit 487, 2359, 2957, 
querant 679, 884, 2378, queroient 1465, 2359, 2706, resplendisoit 3780; 
teriene 4014, ases 2196 ; 

g. pules 3993, awules 4213, 4248 ; 

h. w für g in warder 972, wargent 3804, warir 1474, Wautier 4393; die Formen 
argoient 3015, gargent 4014, 

i. ol + cons. »stetsau + cons.: vaut 494, 730, 3979, Paus 2730, absals 3712 etc.; 

k. eis » iaus : biaus 1 1 8, ciaus, mantiaus, muiaus, chastiaus etc. ; 

l. Wechsel in der Schreibung: iu : ui cf. B, 15; 

m. ou » zuweilen eu (oder au): reube 111 und so immer, veu « voveo 4567, 
deseure 2691 ; chaue 2104, 21 19, seus « solus 2114, eleu 3304, clau3404, clau 3467, 
claufier 3398, 3794, maule 4056, Augoube 4211 undEucube 2499; bei Verben: 
aceurent 1013, 1837 ; ot 275 etc. und eut 145 etc. ; orent 2800 etc. und eurent 79 
etc., pot und peut, peurent 1458, sot und seut, seurent ; nur plot (oder plaut) ; 


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14 


n. oi und i schwanken: proie 451, 743, otria 1088, manioit 4206, manoiet 4222 r 
loia 1801, liier 404 etc. ; 

o. — eiss — » oft is[s] : stets orison, meist oquison 580 etc. ; pisson 2266, 
cognissoit 1554 und so in sämtlichen Formen dieses Verbums; 

p. — i6e - » immer ie, ausgenommen nur 3110 ; 

q. gedeckt, e » zuweilen ie : diestre 3414, piesme 2578, bies 2154, tiesmoigne 2084 etc. y. 

r. Infinitive auf — ir: creir 809, chair 2579, vei'r 3085; 

s. perf. auf — isent: im Innern des Verses stets — isent 78, 689, 1355, 1917, 
2217, 2321, 4306; fisent: disent 3016, contrefisent 4709; 

t. perc <r perdo 205; 

u. di8t <r dicit 513, 762, 820, 890 etc. ; 

v. me(=ma) nur 1425, sonst ma; se(=8a) 548 etc., meist jedoch sa; le, Artikel 
und Pronomen, ebenso häufig als la. 

Hiernach wird auch wohl der Schreiber Pikarde gewesen sein. 

Metrik. 

Dass der Dichter nach reichen und leoninischen Reimen getrachtet hat, ist nicht 
zu verkennen. 9, 41, 74, 110, 154, 157, 195, 465, 1178, 1877, 2722 etc.; zahlreich sind 
auch die homonymen Reime: 44, 52, 199, 217, 237, 255, 447, 461, 941, 1358, 1795, 
1796, 1854, 3458, 3927 etc. 

Daneben finden sich aber auch zahlreiche Assonanzen (cf. das in der Einleitung 

zu „Sprache 4 * gesagte!): 23, 101, 1474, 1777, 2205, etwa 10 mal samble: essample. Zu 

den Assonanzen zählen nicht escrit : Crist 1046, porfit : fist 1524 etc., da s vor Konsonant 
stumm ist. Auch findet sich häufig ein Wort mit sich selbst reimend: 75, 111, 155, 
1428, 2722 etc. 

Ungenäu sind auch die Reime (cf. Z. f. r. Ph. XXII, 85): sace: sage 371, 

face: iretage 647, liece: nege 697, destrece: grege 3044, lance: lange 3420, taches: larges 

3403; noch schlechter eue: pluie 663, apostoile: ecole 965, porchacierent : vinrent 1940. 

Flexion. 

In der Nominalflexion ist der Dichter im allgemeinen genau verfahren ; doch hat 
der Reim ihn zuweilen zu Urigenauigkeiten veranlasst, so 3219 sage für sages, 1011 vieus 
für vieil, 1876 adroit für adrois; dagegen 1722 essamples: samble; andrerseits 3150 gisant 
für gisans. Was hiervon dem Dichter oder dem Schreiber zuzuschreiben ist, lässt sich 
nicht in jedem Falle mit Sicherheit entscheiden. 

1. Bei Substantiven, die später ein s im nom. sing, annehmen, setzt der Dichter 
bald s, bald nicht, : mit s : peres 1287, 1343 (Vokativ), 1224, 2453, 3704, 
4495; ohne s: 683, 692, 1213, 1399, 4103. In den Versen 1631, 1014, 4103 
ist das s fälschlich vom Schreiber gesetzt worden. 

2. Feminina mit s im nom. sing, kennt auch der Dichter: 311 volentes 1334 
und 1595 religions, 1512 saisons, 4704 peurs; aber eben so oft finden sich 


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15 


Fälle ohne s: 61, 170 etc. Der Schreibersetzt das s natürlich noch häufiger; 
1, 55, 826, 833 etc. 

3. Von Adjektiven der 3. lat. Dekl. werden vom Dichter schon fern, auf e gebildet: 
2112, 3042, 3086, 3764, 3824, 4026, 4133, quele 3310, tele 535; (grans als 
fern. n. sing, findet sich beim Schreiben schon 197, 858, 2175, 2515 etc.) 

4. Von Verbalformen ist die 1. pers. sing. ind. durch den Reim gesichert nur 
4028 je me recort. 3. pers. coni. praes. findet sich gart 501, 2570, 2898, 
maint 2044, 2781, giet 2570, griet 2571. 


Eigennamen. 


Vers : 

Französisch : Lateinisch(Th.deCelano) : 

Italienisch : 

1974 

Ancone 

Ancona 

Ancona 

1631 

Antoignes 

Antonius 

— 

73 

Assise 

Assisium 

Assisi 

4123, 4229 

Augoube (— Eucube) 

Eugubium 

Gubbio 

1162 

Benoit 

Benedictus 

— 

933 

Bernars 

Bartholomaeus 

— - 

4000 

Bertremiels 

Bernardus 

— 

4000 

Bontadous 

Bontado8iis 

— 

4536 

Castel Pleb 

Castrum Plebis 

Pieve 

4649 

Chastel Greg 

Castrum Grecii 

— 

1162 

Chistiaus (= Citeaux) 

Cistercium 

— 

2603 

Chit del Chastel 

Civitas de Castello 

Cittä di Castello 

1326 

Cortone 

Cortona 

Cortona 

422 

Damien (s. Saint D.) 



1899 

Esclavonie 

Slavonia 

— 

2315 

Esculane 1 J 

(civitas) Hesculana 

— 


Esculanche J | 

d. i. Asculana 

— 

3984 

Estievnes (verderbt für Oteviens?) 

Octavianus 

— 

2499 

Eucube 

Eugubium 

Gubbio 

4353, 4529 

Fan 

Fanum 

Fano 

408 

Fulgine 

Fulgineum 

Fuligno 

1060 

Gille 

Aegidius 

— 

2372 

Godefroi 

Gualfredutius 

— 

16 

Grigoires 

Gregorius 

— 

2985 

Gresse 

Grecium 

Greccia 

4247 

Herbers (verderbt für Albers) 

Albertinus 

— 

1200 

Innocent 

Innocens 

— 

72 

Ipolite 

Spoletum 

Spoleto 

1607, 2986 

Jehans 

Joannes 

— 


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16 



3420 

Longis 

Longinus 

— 


1975 

Maroch 

Marrochium 

— 


1617 

Monars 

Monaldus 

— 


4137 

Mont noir 

Mona Niger 

Monte Nero 

2532, 

4247 

4167 

Nargne, Narne 1 
Nernai 1 

j Narnium 

Narni 


4083 

Nicholes 

Nicholas 

— 


3911 

Oiste 

Ostia 

Ostia 


4000 

4000 

Otes 

Pasde s. Tosde 

Otto 

— 


4607 

Perrouse 

Perusium 

Perugia 


874 

Portiuncle 

Portiuncula 

Portiuncla 


2269 

Reatine 

(in lacu) Reatino 

(lago di) Rieti 


1685 

Richier 

Ricarius 



3542 

Riete 

Reate 

Rieti 


1452 

Rivetorte 

Rigas Tortus 

Rivotorto 

3239, 

3938 

Saint Damien 

St. Damianus 

— 


4485 

Saint Sevrin 

St. Severinus 

— 


1145 

Savine 

Sabina 

Sabina 


4000 

Sebile 

Sibilia 

— 


3542 

Sennes 

Senas 

Siena 


1885 

Surie 

Syria 

— 


18 

Thumas 

Thomas 

— 


2410 

Thuscanelle 

Tuscanella 

ToscanelUL 


4295 

Tosde (ms. Pasde) 

Tudertum 

Todi 




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